Der Buchstabe genoss dereinst hohe Stabilität. Wohl weil „…der Vater aber liebt…dass gepfleget werde der feste Buchstab…“, wie der Dichter Hölderlin lange vor den neuzeitlichen Chirurgischen Eingriffen ins Sprachgut buchstabte. Die Rechtschreibreform war so eine Operation. Sie sollte die Deutsche Sprache vereinfachen, damit diejenigen, die sich Regeln nicht merken, das Gefühl haben, sie können sich ausdrücken. Dank Rechtschreibreform sinkt die Ausdrucksfähigkeit der Menschen, dafür können sich jetzt ganz viele ausdrücken, wenn auch keiner mehr kapiert, was sie meinen. Dafür gibts Votzäpp: musch bloss Bildle gucke. Aber war das nicht schon früher so? Wer heute noch schlau wird aus „Patmos“, ein Gedicht von Hölderlin mit mehreren Varianten, der werfe den ersten Buchstaben:
Ausschnitt aus Hölderlins Patmos (Version ?):
…
Und haben jüngst dem Sonnenlichte gedient,
Unwissend, der Vater aber liebt,
Der über allen waltet,
Am meisten, daß gepfleget werde
Der feste Buchstab, und Bestehendes gut
Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang.